Wie viel Zucker ist gesund? Wie freier Zucker und Getränke schaden

Zucker: Meist sieht man ihn nicht so direkt. Versteckter Zucker ist tückisch für die Gesundheit und fürs Gewicht

Wie viel Zucker am Tag ist vertretbar, wenn man sich fit und gesund halten möchte? Mit dieser Frage beschäftige ich mich für healthandthecity.de gerade ziemlich intensiv. Denn mir ist ein merkwürdiger Widerspruch aufgefallen: Wenn ich Blogs lese oder mich auf Instagram und Pinterest umsehe, scheint die Welt voll von Frauen, die auf Low Carb schwören. Oder sie versuchen, möglichst ganz ohne  Zucker auszukommen. Auf der anderen Seite stellt eine neue wissenschaftliche Veröffentlichung über das geschlechtsspezifische Diabetesrisiko fest: Besonders Frauen haben ein großes Problem damit, ihren Zuckerkonsum unter Kontrolle zu halten. Sie sind anfällig Frustessen – was ich persönlich leider auch kenne…. Aber offenbar trinken Frauen auch häufiger stark zuckerhalte Getränke als Männer.

Damit machen sie wirklich einen Fehler in ihrer Ernährung. Denn für keine andere Form der Zuckeraufnahme ist so gut belegt, dass sie krank und dick machen kann, wie fürs „Zucker trinken“. Also für Limos, Cola, fertigen Eistee, Energiedrinks, Saftschorlen, Säfte und Smoothies.

Die Antwort auf die Frage wie viel Zucker am Tag gesund ist, hat nämlich zwei Teile:

  1.  Es ist viel weniger Zucker, als sich die meisten Leute vorstellen können. So wenig, dass tatsächlich ganz viele von uns Tag für Tag mindestens doppelt so viel verspeisen, wie empfohlen ist.
  2. Sobald man das empfohlene Maß überschritten hat, scheint es eine Rolle zu spielen, welche Art des Zuckers man zu sich nimmt – und in welcher Form. Das Risiko, zuzunehmen oder auch zum Beispiel Diabetes zu entwickeln, hängt zumindest teilweise davon ab, in welcher Verpackung der Zucker in den Körper kommt. Ob über Früchte, Kuchen, Joghurt, Fertiggerichte oder etwa Chips. Zuckerhaltige Getränke haben dabei eine ganz besonders unrühmliche Rolle.

Viele Frauen wissen nichts von ihren größten Zuckerfallen

Warum wissen das so viele Frauen nicht? Obwohl sie sich doch – gefühlt – den ganzen Tag mit ihrem Körper, ihrer Figur und ihren Essgewohnheiten beschäftigen?

Mein Verdacht: Vor allem Fruchtsäfte, Schorlen und Smoothies genießen ein gesundes Image. Schließlich ist da Obst drin. Und Zucker aus frischen Früchten kann ja wohl nichts Schlechtes sein. Mit einem Smoothie meint frau, sich eine Extraportion Gesundheit zu gönnen. Das, so vermute ich, glauben viele Frauen. Es stimmt aber leider nicht.

Freier Zucker ist besonders tückisch

Für die Frage, wie viel Zucker am Tag gesund ist, zählt laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) zuallererst die Gesamtmenge an sogenanntem freien Zucker. Das sind einfache Zuckermoleküle, die der Körper nicht erst durch aufwändige Stoffwechselprozesse aus komplexeren Zuckermolekülen, den sogenannten Polysacchariden, herauslösen muss. Und dazu gehört:

  • Einfacher Zucker, der Speisen und Getränken zugesetzt wird: Oft ist das weißer Haushaltszucker, eine Kombination aus Glucose und Fructose. Oder es ist Fructose, etwa aus angereichertem Maisstärkesirup. Auf der Lebensmittelverpackung steht das so direkt aber oft nicht drauf. Die Lebensmittelkonzerne tarnen freie Zucker auf der Zutatenliste durch eine Namenswahl, die für Verbraucher verwirrend ist. (Mehr dazu erfahrt ihr im Blogbeitrag: Ohne Industriezucker)
  • Zucker, der natürlicherweise in Honig, Sirup Fruchtsäften, Saftkonzentraten, Dicksäften und Smoothies enthalten ist. Oft ist das Fructose, der Fruchtzucker. Auch hier arbeiten die Lebensmittelkonzerne mit allen Tricks. Zum Beispiel steht auf einem sehr bekannten Orangensaft: ohne Zuckerzusatz (siehe Foto) und wenn man dann das Sternchen liest, erfährt man in einer sehr verschwurbelten Formulierung, dass in einem echten Saft per Gesetz kein Zucker zugesetzt werden darf. Während man darüber nachdenkt, vergisst man fast zwangsläufig, mal nachzusehen, welche wirklich hohen Zuckermengen per se im Saft enthalten sind (mehr dazu etwas weiter unten).

Wie viel Zucker am Tag? Unter 10 Prozent der Kalorien

Die WHO rät, die tägliche Aufnahme an freiem Zucker auf unter 10 Prozent der täglichen Gesamtkalorienmenge zu reduzieren. Ein Gramm Zucker enthält 4 Kilokalorien Energie. Eine Frau braucht am Tag etwa 1900 bis 2000 Kilokalorien. 10 Prozent davon sind 190 bis 200 Kilokalorien. Entsprechend kommt man so auf folgende Antwort auf die Frage, wie viel (freier) Zucker am Tag o.k. ist: maximal 50 Gramm. Das entspricht etwa 10 Teelöffeln Zucker.

Und damit ist der gesamte freie Zucker gemeint, den man am Tag zu sich nimmt. Also nicht nur der, den man gut sichtbar in den Kaffee schaufelt oder im Kuchen verbäckt. Sondern auch der in süßen Teilchen, Schokolade, Gummibärchen und der gut versteckte, von dem man oft gar nichts ahnt.

Verstecker Zucker in hohen Mengen – 3 Beispiele

Um die Größenordnung klar zu machen, hier einmal 3 Beispiel für versteckten Zucker:

  • 1 Portion Ketchup (20 Gramm) enthält 4,5 Gramm Zucker, also fast schon einen Teelöffel.
  • 1 Becher Fruchtjoghurt (200 Gramm) enthält zwischen 25 und 30 Gramm Zucker, also 5 bis 6 Teelöffel.
  • 1 Portion Salatdressing „Honig-Senf“ (50 ml) hat 5,5 Gramm Zucker, also einen guten Teelöffel voll.

Daran sieht man schon: 50 Gramm sind nicht viel, denn eigentlich hat man mit den 3 Beispielen von oben plus einem Kaffee mit Zucker seine Tagesration schon voll, ohne etwas Substanzielles gegessen zu haben.

Um einen noch besseren Vergleich zu bekommen, habe ich mal meine Schokoladenvorräte durchforstet. Wie viel Zucker steckt in Schokolade? Je nach Sorte lese ich dort 40 bis 55 Gramm Zucker pro Tafel.

Die verkannten  Zuckerbomben: Säfte und Smoothies

Orangensaft: Sieht gesünder aus als er ist

Und jetzt der Zucker in Getränken:

  • 1 Glas (200 ml) Cola enthält 21 Gramm Zucker, also 4 Teelöffel.
  • 1 Glas Apfelsaft hat 22 Gramm Zucker also gut 4 Teelöffel.
  • 1 Glas Orangensaft enthält 18 Gramm Zucker, also fast 4 Teelöffel.
  • 1 Glas Smoothie aus dem Supermarkt enthält je nach Sorte zwischen 12 und 24 Gramm Zucker, also zwischen 2,5 und knapp 5 Teelöffeln.

Man sieht: Säfte und Smoothies sind ganz genauso so große Zuckerbomben wie Cola! Bei einem Glas bewegen wir uns in Zucker-Größenordnungen von einer halben Tafel Schokolade. Nicht gut ist außerdem, dass Fruchtsäften im Vergleich zu ganzem Obst die Ballaststoffe fehlen, die einige ungünstige Zuckerwirkungen zumindest teilweise ausgleichen.

Wir essen doppelt so viel Zucker wie empfohlen

Im Durchschnitt isst jeder Deutsche rund 100 Gramm freien Zucker am Tag, also das doppelte der WHO-Ration. In diesem Zusammenhang interessant: Wie kommt die WHO eigentlich ausgerechnet auf diese Menge von 50 Gramm, beziehungsweise 10 Prozent der Tagesenergie an freiem Zucker? Diese Empfehlung basiert auf einer Auswertung und Beurteilung der weltweit bestehenden Studien, die der Frage nachgehen, wie viel Zucker am Tag gesund ist. Dabei zeigte sich, dass diejenigen Erwachsenen, die kaum freien Zucker essen, im Durchschnitt weniger wiegen, als jene, die viel Zucker zu sich nehmen. Außerdem besteht ein Zusammenhang mit der täglichen Zuckermenge und der Karieshäufigkeit.

Fairerweise muss man dazu sagen, dass diese Grenze unter Wissenschaftlern umstritten ist. Die WHO selbst sieht gute Gründe, noch weniger Zucker zu empfehlen: nämlich nur noch 25 Gramm am Tag für Frauen, also 5 Prozent der täglichen Kalorienmenge. Andere Organisationen, darunter die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), halten jedoch die Beweise für noch nichtausreichend, um die momentan angeratene Zuckermenge von 50 Gramm weiter zu senken.

Außerdem weist die DGE darauf hin, dass die Belege dafür, dass freier Zucker dick und krank macht, am deutlichsten für Zucker aus Getränken gelten. Womit wir wieder am Anfang wären: Zuckerhaltige Getränke, auch Säfte und Smoothies, sind die Pest.

Wie die freien Zucker krank machen können

Aber warum eigentlich? Hier muss man zwischen den freien Zuckern Glucose und Fructose unterscheiden.

  1. Glucose gelangt schnell und direkt in die Zellen. Denn die meisten Zellen im Organismus benötigen diesen Zucker, um Energie zu gewinnen und den Stoffwechsel am Laufen zu halten. Tatsächlich kann zu wenig Glucose im Blut zu einer lebensbedrohlichen Unterzuckerung führen. Darum hat der Körper auch mehrere Notprozesse, um Unterzuckerungen zu verhindern. Das Problem ist allerdings: Kommt Glucose in geballter Menge im Verdauungstrakt an – etwa weil man sich eine halbe Tafel Schokolade einverleibt hat – steigt der Blutzuckerspiegel sehr schnell an. Das wiederum bewirkt eine hohe Insulinausschüttung, durch die der Blutzucker schnell wieder sinkt. Und dieses rasche Absinken macht vielen Leuten Heißhunger. Anders ausgedrückt: Glucose sättigt schlecht. Die Lust auf Essen bleibt, obwohl der Kalorienbedarf längst gedeckt ist. Wie wir alle wissen: Wer ständig mehr Kalorien aufnimmt, als er verbraucht, nimmt zu.
  2. Fructose dagegen können die meisten Zellen nicht direkt verwerten, sie wirkt sich deutlich weniger auf den Blutzucker aus. Der Fruchtzucker wird in der Leber verarbeitet. Ist ständig zu viel davon im Organismus, gerät der gesamte Fett- und Kohlehydratstoffwechsel durcheinander. Unter anderem wird die Fettverbrennung behindert. Gleichzeitig wird Fructose sehr viel schneller in Fettpolster umgewandelt als Glucose. So steigt die Gefahr für eine Fettleber, für Übergewicht, Diabetes und Bluthochdruck. Damit nicht genug, blockiert Fructose das Sättigungsgefühl. Man läuft also Gefahr, mehr Kalorien zu verzehren, als man braucht.

Tipp zum Zuckersparen für Frauen

Kommen wir zurück zur täglichen Gesamtmenge an freiem Zucker. Es ist offensichtlich: Für Gewicht und Gesundheit sollte man den freien Zucker in seiner Ernährung auf die empfohlene Menge reduzieren. Der erste Schritt dahin, der offenbar vor allem für Frauen besonders lohnend ist: Weniger zuckerhaltige Getränke! Auch keine scheingesunden, also keine Säfte, Schorlen oder Smoothies. Ein vollkommener Zuckerverzicht ist nicht nötig und auch nicht sinnvoll. Er kann sogar zu Essstörungen führen, wie ihr im Beitrag „Warum zuckerfrei leben nichts für mich ist“ erfahrt.

Sport kann Zuckerrisiken ausgleichen

Zum Schluss noch eine richtig gute Nachricht: Menschen, die sich ausreichend viel bewegen, haben in der Regel keine Probleme mit Zucker. Für sie ist es relativ egal in welcher Form sie die Süße aufnehmen. Ihr Körper kann die freien Zucker, Glucose und Fructose, locker und in recht hoher Menge vertragen. Der Grund: Bewegung übt einen äußerst positiven Einfluss auf den Zuckerstoffwechsel aus und macht die Körperzellen empfindlicher für die Wirkung des Insulins.

Es gibt also noch eine Antwort auf die Frage: Wie viel Zucker am Tag ist gesund? Nämlich: Je mehr und regelmäßiger du dich bewegst, desto mehr Zucker kannst du dir gönnen. Egal ob in Kuchen, Gummibärchen oder Saft. Viel Spaß also beim Sporteln. Zum Beispiel mit unseren Tipss, wie Joggen lernen selbst einem Nichtläufer in 10 Wochen gelingt.

Wie viel Zucker am Tag? Frauen rät die WHO zu höchstens 10 Teelöffeln voll

Über uns Alexandra von Knobloch

Journalistin: Gesundheit, Wissenschaft, Medizin. Dozentin Print/Online. Innovationstrainerin mit Design Thinking. Schreibt privat auf: http://healthandthecity.de über Gesundheit fürs digitalisierte Leben.

5 Kommentare

  1. liebe alex, danke für diesen wieder sehr anschaulichen beitrag. ich bin ein saftschorlenfan – dachte aber schon länger, dass das nicht gesund sein kann.

  2. Hallo liebe Alexandra,

    seit einiger Zeit beschäftige ich mich ebenfalls mit dem Thema Zucker. Da kommt mir dein Artikel natürlich sehr gelegen. Danke für die schöne Aufarbeitung und die Denkanstöße.

    LG Chris

  3. Wie sieht es eigentlich mit Getränken wie Reisdrink & Co aus und gibt es denn wirklich keinen Unterschied zwischen (freiem) Zucker aus Cola und (freiem)Zucker aus Apfelsaft ? Das kann ich fast nicht glauben.

    • Hallo Daniela,
      es gibt unterschiedliche freie Zucker. Das ist ein Überbegriff. Wie in dem Beitrag ja dargestellt, haben unterschiedliche freie Zucker im Detail durchaus unterschiedliche Wirkungen im Körper. Am Ende machen sie wahrscheinlich alle irgendwie dick. Darum: Nein, Apfelsaft ist, was den Zucker anbelangt, nicht besser als Zucker. In anderen Belangen vielleicht schon.
      LG
      Alex

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