Ordnung ist gut für die Seele

Je älter ich werde, desto ordentlicher bin ich. Hätte das vor 20 Jahren mal jemand meiner Mutter erzählt. Es hätte sowohl ihre als auch meine Nerven geschont. Heute glaube ich, dass man sich Unordnung auch einfach erlauben kann, wenn man wenig um die Ohren hat. Mein Leben ist schneller getaktet als früher, ich habe mehr um die Ohren, mehr auf meiner To-Do-Liste, mehr im Kopf. Doch je mehr Ordnung ich schaffe, je mehr Struktur ich allem gebe, desto produktiver und zufriedener bin ich. Und das Internet hilft mir sogar dabei.

Abschalten beim Aufräumen

Wenn ich schlecht gelaunt bin, hilft Aufräumen immer. Während ich Wäsche falte, Geschirr spüle oder stundenlang Spielzeug aus jeder erdenklichen Ecke der Wohnung ins Kinderzimmer zurück trage, bin ich abgelenkt. Gleichzeitig sortieren sich die Gedanken in meinem Kopf. Ordnung schaffen, aufräumen, sauber machen passt auch wunderbar, um nach einer stressigen Zeit abzuschalten. Ich habe mich schon nach besonders intensiven, erfolgreich abgeschlossenen Projekten mit einer Runde Fensterputzen belohnt. Natürlich habe ich mich auch schon mit einer Runde Fensterputzen vor eher nervigen Projekten gedrückt. Man kann das Prokrastination nennen, wenn man will. Ein Thema, über das Alex und ich schon lange mal bloggen wollten, aber wir haben es leider immer wieder aufgeschoben. Dafür habe ich dieses zufriedene Gefühl, wenn ich aus dem Fenster schaue.

Kreatives Chaos? Nicht in meinem Kopf

Viel wichtiger als dieses Gefühl ist aber: Ich kann nicht klar denken, während um mich herum Chaos herrscht. Vor Jahren teilte ich das Büro mit einem Kollegen, dessen Schreibtisch so sehr mit CDs und Bücher beladen war, dass man ihn nicht mehr gesehen hat (ok, er war jetzt kein Sitzriese, aber Ihr versteht, was ich meine). Ein unglaublich geistreicher Typ übrigens, das personifizierte kreative Chaos. Ich bin da eher das Gegenteil: Chaos lähmt bei mir jeden kreativen Gedanken. Stattdessen glühen die Synpasen in meinem Hirn, weil sie schreien: „Schaff erst Ordnung! Räum das da weg! Und das da! SO! KÖNNEN! WIR! NICHT! ARBEITEN!“ Nein, so kann ich auch nicht arbeiten. Weshalb eine Zeit lang ein Großteil meines Arbeitstages dafür drauf ging, das kreative Chaos meiner Familie zu beseitigen. Mit ein Grund, warum ich dem Home Office schließlich den Rücken kehrte und nun jeden Tag ins Büro gehe. Der Vorteil dort: Es ist so leer, dass praktisch immer aufgeräumt ist.

Kindliche Ordnung

Schon Kinder lieben Strukturen und Systeme. Bestes Beispiel ist das Beitragsbild oben. Das Foto habe ich gemacht, nachdem die Kinder alle Schuhe im Flur angeordnet hatten. Genauso akribisch ordnen sie Lego-Männchen oder Spielzeugautos, stundenlang. Allerdings ist der Ordnungssinn meiner Kinder (leider) noch nicht so herausgebildet wie meiner. Sie lieben auch das Chaos und haben ihre eigene Vorstellung davon, wo Ordnung zu herrschen hat, wann diese hergestellt wird und wie man sie definiert. Nicht selten resultiert Fernsehverbot daraus, dass wir so unterschiedliche Vorstellungen vom Aufräumen haben.

Ordnung = Sicherheit

Aber je jünger der Kopf, desto weniger ist drin. Die Gedanken haben Platz, die hüpfen fröhlich umher, und wenn sie mal durcheinander geraten, ist es auch nicht so schlimm. In meinem Kopf aber herrscht manchmal einfach Überfüllung und wenn ich das Gedränge nicht wenigstens ab und zu in geordnete Strukturen bringen würde, ich kriegte gar nichts mehr auf die Reihe. Doch nicht nur der Andrang in meinem Kopf unterscheidet mich von meinen Kindern. Ordnung ist nicht angeboren, sie dient ja auch keinem Überlebenszweck. Ordnung ist erworben, wir eignen sie uns an, je mehr auf uns einstürmt. Irgendwie müssen wir uns Orientierung verschaffen, das ganze Angebot überblicken. Nicht ohne Grund ist das Angebot vieler Online-Shops so systematisch und immer gleich dargestellt, sind die Waren beim Discounter immer in der gleichen Reihenfolge angeordnet, der Kaffee links, dann die Marmelade, rechts der Wein, dann das Waschmittel, und so weiter.

Das gibt uns nicht nur Sicherheit, sondern spart schlicht Zeit und macht das Leben einfacher. Aber wie so oft im Leben gilt auch hier: Alles in Maßen. Zum Glück hat unsere Wohnung nicht viele Fenster und ist auch sonst nicht groß, ich kann also meist nicht so lange putzen, wie ich eine schwierige Sache aufschieben möchte. Und dass blindes Entrümpeln vielleicht die Wohnung leert, aber nicht die Seele, hat Alex in diesem Blogpost sehr schön beschrieben.

Ordnung braucht Papier und Stift

Eine gewisse Grund-Ordnung braucht meine Seele aber. Das gilt vor allem für das Gedanken-Chaos in meinem Kopf. Das kann so manchen Arbeitstag ganz schön torpedieren. Ich habe es mit verschiedenen Hilfsmitteln versucht, zum Beispiel mit Apps wie Evernote oder Wunderlist, vor allem nachdem sie mir von Editionf empfohlen wurden. Ich weiß nicht, wie es euch mit solchen Apps geht – aber nach ein paar Wochen habe ich sie nicht mehr benutzt. Meine Erkenntnis: Digitale Sachen sind toll, aber am besten sind immer noch Papier und Stift. Wenn ich Sachen mit der Hand aufschreibe, kann ich sie auch besser strukturieren. Das bloße Eintippen in irgendein Gerät kommt da nicht mit, ist die App auch noch so gut programmiert.

Struktur im Kopf: Mein Wochenplan

Seit mehr als einem Monat arbeite ich jetzt mit dem Wochenplan von Katja Schmalzl, Life Coach aus Wien. (Den Wochenplan kann man sich herunterladen, wenn man ihren Newsletter abonniert.)

Das Wichtigste im Fokus: Mein Wochenplan

Wochenpläne habe ich mir schon früher geschrieben, aber mit einer vorgegebenen Struktur funktionieren sie etwas besser, finde ich (womit wir wieder bei der Orientierung und der Sicherheit wären). Was mir an dieser Vorlage besonders gefällt: Sie zwingt mich, jede Woche meine Prioritäten zu definieren und jeden Tag, welche davon heute im Fokus steht. So schaffe ich es, bei einer Aufgabe zu bleiben und mich nicht zu verzetteln. Ohne diesen Fokus, mit der Hand auf Papier notiert, ständig sichtbar auf meinem Schreibtisch, schaffe ich es nur schlecht, bei der Sache zu bleiben. Immer wieder ploppen dann andere Aufgaben aus meiner To-Do-Liste auf und lenken mich ab. Seit ich mich fokussiere, kriege ich Dinge einfach schneller gebacken und bin produktiver. So einfach ist das. Und ja: Da steht auch mal „Putzen“ im Fokus. Dann ist es erledigt. Bewusstes Prokrastinieren, sozusagen.

Ordnungs-Blogs – meine Top 3

Aber im Netz gibt es nicht nur Wochenpläne, sondern viel mehr zum Thema Ordnung – Blogs die mich inspirieren und mir helfen, die Balance zwischen Ordnung und Chaos zu halten. Hier ist meine Top 3:

Geliebte Ordnung

Julia ist Ordnungs-Coach in Nürnberg, man kann sie buchen, oder erstmal ihr Blog lesen. Ich mag ihre Menüpläne – die Rettung, wenn ich in einer stressigen Woche nicht weiß, was ich kochen soll. Auch super: Julias Checklisten (für den Kindergeburtstag, den Urlaub in der Ferienwohnung) – besonders zu empfehlen für Familien und einfach praktisch, wenn man sie nicht selber schreiben muss.

Fräulein Ordnung

Auch Denise kommt auf Anfrage zum Aufräumen nach Hause, schreibt aber auch einen schönen Blog. Am besten gefällt mir das Motto eines ihrer Blogposts:

Das Chaos hat viele Gesichter und jeder Mensch hat eine eigene Chaostoleranz

Donnerstag ist Ordnungstag bei Fräulein Ordnung mit Tipps zum Aufräumen und Entrümpeln: Wie bereitet man einen Umzug vor? Wie Taschen am besten verstauen, Krimskrams aufbewahren? Und wieso hast du eigentlich noch alte Schulhefte und 20 Jahre alte Unterlagen?

Rosanisiert

Anita schreibt ein Blog über Ordnung für Unordentliche und wurde laut Selbstbeschreibung nicht mit einem natürlichen Ordnungssinn geboren. Dafür sehen ihre Fotos aber sehr aufgeräumt aus 🙂 Anitas Tipps sind von der handfesten Sorte, das mag ich: Kalkflecken entfernen für Faule oder Ordnung halten im Home Office (auch hier geht es darum: fokussiere dich auf eine Sache). Alles schön rosa und alles schön zu lesen.

Apropos Fokus: Auch Carina von Um 180 Grad hat für mich sehr überzeugend darüber gebloggt, warum Multi-Tasking nichts anderes ist als ein Stolperstein.

Aber jetzt Hand aufs Herz: Wie ordentlich seid Ihr? Wie viel Ordnung braucht Eure Seele?

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15 Kommentare

  1. Alexandra von Knobloch

    Nadja, magst Du mal bei uns die Fenster putzen? Im Ernst: Auch ich bin ein Listenfreak (klassisch auf Papier) und sortiere oft und viel. Ich nutze Evernote, Pocket und diverse von mir selbst konstruierte digitale Ablagesysteme. Und dann denke ich: Warum der Scheiß? Ich verschwende Zeit mit diesen Systemen. Würde ich das alles nicht tun, wäre ich genauso schnell oder langsam bei der Arbeit und würde genauso viel oder wenig wiederfinden wie mit diesem ganzen Gedöns. Ohne hätte ich viel mehr Freizeit.

  2. Nadja Katzenberger

    Wenn ich mal wieder ganz schlimm prokrastiniere, bettele ich wahrscheinlich darum, eure Fenster putzen zu dürfen (dann darfst du es mir nicht erlauben!!!) – aber ich gebe dir natürlich recht: Diese ganzen Krücken sind oft pure Zeitverschwendung. Aber irgendeine Hilfe brauche ich, sonst Chaos, schlechte Laune, tausend offene Punkte. Reicht, dass ich ständig tausend Tabs im Browser offen habe.

  3. Alexandra von Knobloch

    Browserfenster. Ein Reizthema. Uli macht das auch. Ich habe nie mehr als 2 gleichzeitig offen – am besten auf 2 Bildschirmen. Alles andere ist für mich Chaos.

  4. Nadja Katzenberger

    Ich habe versucht, die Browser-Tab-Problematik zu lösen, indem ich interessante Sachen in die tolle „Leseliste“ von Safari geschoben habe. Hat das Problem nur verlagert. Da geht’s drunter und drüber und man findet nichts. Beim Thema Ordnung denke ich übrigens sehr gerne an Monica aus „Friends“, die Frau mit dem schlimmsten Putzzwang im Fernsehen. Bis ihre Freunde in Staffel 7 oder 8 entdecken, dass es da ja diese Tür gibt, die sich nicht öffnen lässt…

  5. Hi Nadja,
    mir geht das genauso wie Dir, auf Papier geht es mit Stift oft besser. Das gilt nicht nur für die Listen auch für die anderen Techniken des Projektmanagements wie Mind-Maps, obwohl es so viele Apps dafür gibt. Man arbeitet dabei mit mehr Sinne, als beim Knopfdrücken und Maus verschieben.
    Was mich noch interessiert, wie man die Priorisierung richtig hinbekommt. z.B. die Eisenhauer-Matrix (wichtig/unwichtig -zu- dringen-langfristig) die auch von Stephen Corvey in seinem Buch 7-Habits empfohlen wird, ist in der Theorie toll, aber wie in der Praxis. Wie schaffst Du es? Wie schaffen wir es schnell zu unterscheiden und uns nicht zu verzetteln. Ich werde es mit Deinen Listenstrukturen mal probieren.

  6. Ein großartiger Beitrag! Mir kommt das alles so bekannt vor. ? Ich kann auch nicht arbeiten, wenn es um mich herum nicht aufgeräumt ist. Ich muss die „Unordnung“ dabei nicht einmal vor Augen haben, sondern nur in meinem Kopf und schon bin ich in meiner Kreativität blockiert. Ich versuche schon möglichst alles strukturiert abzuarbeiten, aber ich lasse mich auch oft und viel ablenken. Da ich als Mutter von 4 Kindern auch von meinem Homeoffice arbeite, ertappe ich mich immer wieder dabei Multitasking zu betreiben. Konzentriere ich mich hingegen nur auf die Aufgabe, die ich in einer bestimmten Zeit erledigen muss/möchte oder sollte, schaffe ich im Schnitt viel mehr. Ich habe vor 2 Tagen gerade noch darüber nachgedacht, wie ich meinen Alltag geordneter gestalten kann und am Ende glücklicher und zufriedener bin. Ich bin sogar eine Zeit lang 5 Tage/ Woche um 3:30 Uhr aufgestanden, damit ich all meine ToDos am Ende des Tages mit einem Lächeln abgehakt haben konnte…Aber leider konnte ich es nicht auf Dauer durchziehen und merkte schon nach einigen Wochen, dass ich ab 17 Uhr teilweise gar nicht mehr aufnahmefähigkeit war und wie in Trance den Rest des Tages bewältigte. Also nicht optimal. Ich werde mir deine empfohlenen Seite Morgen auf jeden Fall in aller Ruhe ansehen. Vielen lieben Dank für die tollen Tipps.

    Liebe Grüße
    Sandra

  7. Nadja Katzenberger

    Liebe Sandra,
    Respekt – um 3.30 hätte ich es nie und nimmer aus dem Bett geschafft… Wenn meine To-Do-Liste zu lang ist, hilft es mir zu priorisieren: Die drei wichtigsten Aufgaben stehen ganz oben, die müssen/sollen erledigt werden. Alles weitere ist nice-to-have und rutscht, wenn nicht erledigt, weiter. Die Herausforderung mit Kindern ist halt auch, dass man nicht nur seine eigenen To-Dos im Auge behalten muss, sondern so viele Bedürfnisse gleichzeitig bedienen soll. Ständig erinnert mich mein Handy an irgendeine Sache, kleben Post-its an unserer Garderobe. Ohne diese Hilfen würde ich den Überblick ganz schnell verlieren.
    Danke für deinen Kommentar und alles Gute für dich!
    Nadja

  8. Hallo Nadja,
    mir geht es wie dir. Wobei ich früher (vor den Kindern) oft eher dachte, dass Ordnung halten eher spießig ist. Doch mit zwei Kindern merke ich, wie wichtig es ist, eine gewisse Grundordnung zu halten. Denn die Zeit, um Dinge lange zu suchen hat man als Mama einfach nicht mehr ;-). Viel einfacher ist es, wenn alle Dinge feste Plätze haben und nach Gebrauch auch wieder dorthin zurückgebracht werden. So findet man alle Sachen schneller wieder und vergeudet seine Zeit nicht mit unnötigem und nervenaufreibendem Suchen. Ein toller Nebeneffekt: Aufgeräumte Räume (und auch ein aufgeräumter Arbeitsplatz) sorgen für „aufgeräumte“ Gedanken. Und geordnete Gedanken sind befreiend und helfen dir dich zu entspannen. Bist du und dein Leben aufgeräumt, verlierst du nicht so schnell den Überblick und kannst auch komplexere Aufgaben ruhiger und gelassener angehen.
    Habe zu diesem Thema übrigens auch einen Blogartikel geschrieben unter dem Titel „Ordnung ist das halbe Leben. Klingt spießig, oder?“. Bei weiterem Lesebedarf bitte hier entlang ;-). http://mamaimspagat.de/ordnung-ist-das-halbe-leben-klingt-spiessig-oder/

    • Nadja Katzenberger

      Hallo Nadja,
      du sprichst mir aus der Seele 🙂 Kinder machen einen echt ordentlich – und sind selbst die größten Chaoten, inklusive starrsinniger Aufräum-Verweigerung… Mir ist es auch immer wichtiger, dass Sachen ihre festen Plätze haben, es spart einfach Zeit und Energie. Den Spruch „Wer Ordnung hält ist nur zu faul zum Suchen“ finde ich mittlerweile total doof – Suchen nervt, vergeudet Zeit und Energie und macht mich manchmal total aggressiv. Da bin ich lieber spießig! Danke für deinen Link!

  9. Pingback:Raus damit! Aufräumen für die Seele - R+V BlogR+V Blog

  10. Pingback:Me Time – Zeit für mich - Isas Reise

  11. Hallo,

    ich bin gerade auf der Suche nach einem Ordnungsliebe-Artikel auf diesen hier gestoßen und finde ihn fabelhaft.
    Auch ich reihe mich ein in die Riege der „ich kann weder arbeiten noch entspannen, wenn meine Umgebung im Chaos versinkt“-Riege.
    Ich würde den Artikel gerne als weiterführenden zu einem meiner Posts zum Thema „Me-Time“ auf https://www.isas-reise.de/index.php/2017/05/09/me-time-nicht-nur-wellness/ verlinken. Ich hoffe, das geht in Ordnung.
    Liebe Grüße!

  12. Bei mir ist Aufräumen auch eine Wunderpille gegen die schlechte Laune, echt ulkig eigentlich. 😀

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