Ohne Zucker: Was ich nach 5 Tagen gelernt habe

Das hier ist ein Latte Macchiato. Ein ganz normaler, aus einem Kaffeevollautomaten. Für mich ist er nicht normal. Es ist nämlich kein Zucker drin. Das ist schon mal die erste Erkenntnis, die ich nach fünf Tagen ohne Zucker* habe: Kaffee in Verbindung mit Milch schmeckt mir ohne Zucker nicht.

Auch in normalen Filterkaffee schütte ich seit Jahren sonst immer etwas Milch und einen Teelöffel Zucker rein. Filterkaffee nur mit Milch – bäh!

Aber damit muss ich nun bis Ostern leben – 35 Tage noch (genau genommen 41, die Sonntage mitgerechnet).

Was zur Folge hat, dass ich jetzt 1. weniger Kaffee trinke und 2. meistens schwarz.

Weniger Kaffee finde ich gut – es bedeutet nämlich, dass ich seit Aschermittwoch viel Wasser und sehr viel Tee trinke.

*Bevor ich erzähle, was die vergangenen Tage mit mir gemacht haben, ein Wort zum Thema „ohne Zucker“: Ich habe gelernt, dass man das sehr unterschiedlich auslegen kann (ich glaube, bis zu dem Punkt, an dem man fast gar nichts mehr isst), aber ich verzichte „nur“ auf Industriezucker sowie die weniger raffinierten/unbehandelten Sorten (Vollrohr-, Rohrohr- und braunen Zucker) und auf Nahrungsmittel, denen welcher zugesetzt wurde, sowie auf Zuckerersatzstoffe wie Aspartam, Stevia, Xylit und dergleichen.

Fruchtzucker und Milchzucker nehme ich weiterhin zu mir, denn ich will nicht auf Obst und Milchprodukte verzichten. Ich vertrage beides gut und finde, es ist ein großer Vorteil des Projekts, dass ich dadurch mehr Obst esse. Und ich schreibe das noch einmal hier so deutlich, weil mir die Veröffentlichung einer Cranberry-Cashew-Mischung auf Twitter gleich den Fruchtzucker-Vorwurf eingebracht hat und ich ganz schön erstaunt war, wie erbittert in der geschlossenen Facebook-Gruppe Projekt: Zuckerfrei um jedes noch so kleine Zuckerkörnchen diskutiert werden kann. Die Frage „Wie viel Zucker am Tag ist gesund?“ treibt viele um.

Also: Zucker aus Kohlehydraten, Milch-/Fruchtzucker und auch Honig und Agavendicksaft: JA.

Zucker in den Kaffee, beim Backen, Kochen, Lebensmittel mit zugesetztem Industriezucker: NEIN.

Was habe ich in den ersten fünf Tagen ohne Zucker gelernt?

1. Tagsüber ist ohne Zucker kein Problem

Kaffee schwarz zum Frühstück, ungesüßtes Müsli in die Schale, danach kannenweise Tee – ich kann es! Ich bin die Zuckerfrei-Göttin, ich lebe so gesund! Nüsse und Obst begleiten meinen Arbeitstag, zum Mittagessen gibt’s Couscous und abends Salat mit Joghurt-Agavendicksaft-Dressing. Ich weiß gar nicht, was die alle haben, ist doch total einfach auf Zucker zu verzichten!

2. Abends muss ich leiden

Nach 20 Uhr ist es schlimm, da will ich nichts beschönigen. Irgendwo habe ich den Tipp gelesen, man solle in den 40 Tagen einfach alle Süßigkeiten aus dem Haus verbannen, dann wäre das mit dem Durchhalten ohne Zucker ganz einfach. Mag sein. Aber ich kann nicht alle aus dem Haus verbannen, weil ich einen Mann geheiratet habe, der dann einfach neue einkauft und auch kein Problem damit hat vor meinen Augen welche zu essen. Das ist sehr gemein, aber ich sehe das als meine persönliche Challenge.

Es gehört auch zu dieser Challenge, Ersatz zu finden und das ist gar nicht so einfach. Durch jahrelangen Schokoladen-Missbrauch nach 20 Uhr – nachzulesen im Beitrag „Mein Laster: Schokolade“ – ist mein Körper auf den Zuckerschock nach der Tagesschau geradezu programmiert. Mit Obst und Gemüse war dem bislang nur bedingt beizukommen und das Essen einer Karotte beim gemeinsamen Fernsehen hat den Nachteil, dass kaum einer was vom Programm versteht, solange die Karotte gegessen wird.

Ich nehme an, mein Körper braucht noch eine Weile, um sich neu zu programmieren. Die abendliche Tafel Schokolade war mit ein Auslöser für meinen Entschluss, mich bis Ostern ohne Zucker zu ernähren. Meine Gier danach war mir selber nicht mehr geheuer und ich wollte wissen, wie schlimm es ohne ist. Es ist: sehr schlimm.

3. Auch nach einem reichhaltigen Essen will mein Magen noch was Süßes!

Gestern Mittag habe ich mir beim Vietnamesen den Bauch voll geschlagen. Lecker war’s, aber ich war so satt, mir war fast ein bisschen schlecht. Bis meine innere Stimme zehn Minuten später sagte: „Oh… Jetzt noch’n kleiner Nachtisch. Oder so’n Schokolädchen! Komm, wenigstens Kaffee mit einem klitzekleinen Löffelchen Zucker drin! Hab dich nicht so! Da hab ich jetzt Lust drauf!“

Oh mein Gott, ich glaube ich bin zuckersüchtig! Na ja, eigentlich weiß ich das schon lange. Aber ich blieb tapfer. Und aß ungefähr ein Kilogramm von der Cashew-Cranberry-Mischung, die sehr wahrscheinlich mein liebster Begleiter in den nächsten Wochen werden wird. Cashew-Kerne habe ich dann auch mit Begeisterung gelesen, führen im Gehirn übrigens zu einer ähnlichen Serotonin-Ausschüttung wie Zucker und vermitteln auch ein Glücksgefühl. Meine innere Stimme war fürs erste besänftigt. So ein Glück!

4. Zuckerfrei einkaufen ist anstrengend

Ich dachte eigentlich, wir kaufen schon ganz bewusst und weitgehend zuckerfrei ein. Tun wir bestimmt auch. Viel Obst, viel Gemüse, viel Bio, keine Fertigmischungen oder Fertiggerichte, wir kochen oft und gerne. Aber im Kühlschrank stehen eben auch drei Sorten Marmelade (selbstgemachte!) und immer eine Armada Pudding oder Frucht-Jogurt. Natürlich steht auch da „bio“ drauf, aber Zucker ist natürlich auch in Massen drin. Ebenso beim Müsli: Ich bin ein großer Fan des Blaubeer-Müslis von My Muesli. Und obwohl auf der Packung steht, man setze keinen Zucker zu:

 

Der Zucker im Zutatenverzeichnis stammt ausschließlich aus verarbeiteten Zutaten. Wir setzen unseren Müslis keinen Zucker als einzelne Zutat zu.

…ist Vollrohrzucker als einzelne Zutat drin:

 

Vollrohrzucker auf der Zutatenliste

Ich verstehe nicht, warum dieser bei einem sowieso süßen Beeren-Müsli noch zugesetzt werden muss. Außerdem sind auch Vollrohrzucker oder Rohrohrzucker nicht gesünder oder besser für die Zähne als raffinierter. Sowas ärgert mich dann schon. Nicht nur, weil es mich noch 35 Tage von meinem Lieblings-Müsli fern hält – aber einige zuckerfrei Alternativen habe ich gefunden. Mal sehen, wie die schmecken.

5. Konsequenz ist so eine Sache

Zum Beispiel die selbstgemachten Marmeladen. Natürlich ist da Zucker drin. Aber meine Schwiegermutter tut schon extra wenig rein (glaube ich)! Und so ein Sonntagmorgen-Brötchen ohne ihre Birnenmarmelade, also, das wäre doch… das ist bestimmt nicht gut für den Weltfrieden!

Ja, liebe Leser, ich habe gesündigt. Ich habe gestern ein Brötchen mit Birnenmarmelade gegessen. Ich habe auch aus Versehen beim Vietnamesen eine Litschi-Schorle bestellt – ganz einfach aus dem Grund, weil ich in dem Moment überhaupt nicht an das zuckerfreie Projekt gedacht habe und die Kollegin das auch trank. Dann habe ich mich nicht mehr getraut, die Schorle zurück gehen zu lassen und es hat auch keiner was gemerkt. Ich gestehe außerdem, dass ich am Samstag Honig auf meinem Brötchen hatte – der ist ja irgendwie erlaubt, aber so süß, dass man sofort ein schlechtes Gewissen bekommt.

Mein Milchkaffee ist leer, war so mittel ohne Zucker, aber was will man machen. Ich bin jetzt wieder bei Ingwertee und Cashew-Kernen und hoffe, die nächsten zuckerfreien Tage werden einfacher – ganz besonders gespannt bin ich aufs zuckerfreie Backen und ob mir das Ergebnis auch schmeckt.

Verzichtet Ihr auch auf Zucker? Habt Ihr das besser raus als ich? Dann erzählt es in den Kommentaren, auf Facebook oder Twitter!

 

11 Kommentare

  1. Pingback:Projekt: Zuckerfrei! Wir sind dabei! | mammalocker

  2. Ganz toller Bericht und unglaublich sympathisch! Ich stimme dir zu. Auf meinem Blog kannst du sehen, das ich ebenfalls auf Zucker verzichte, aber ich mache es im gleichen Maße wie du (inklusive Mini Sünden) und rege mich genauso über die Facebook Gruppe auf. Manchmal.
    Bin gespannt, wie es bei dir weiter geht.
    Alles Liebe, Mira

  3. ich kann euch nur zustimmen, mir geht’s genauso. Wobei ich schon lange Kaffee schwarz trinke. Milchkaffee schmeckt mir nicht mehr.

    • An Kaffee schwarz habe ich mich auch schon gewöhnt und der Milchkaffee schmeckt mir wieder dank einem kleinen Teelöffel Honig…

  4. Hi Nadja,

    dein Beitrag ist zwar schon ein wenig älter, aber ich musste schmunzeln, da ich mich an einigen Stellen selbst erkannt habe. Besonders das Süße danach und auch Abends waren meine Laster. Ich habe mit 2 Freunden eine Zucker Challenge gemacht und es war am Anfang nicht einfach, doch nach einigen Tagen habe ich nichts vermisst. Okay, ich habe einiges durch Früchte ersetzt. Das finde ich jedoch voll okay.

    Ich kann allen nur empfehlen mal eine längere Zeit ohne Zucker zu leben. Danach pegelt sich die Zuckersucht und das Süßebewusstein wieder ein. Ich habe aktuell viel weniger Lust auf süßes und die Hosen passen auch besser. Einzig bei Milchreis muss bei mir immer noch Zucker und Zimt drauf (lach).

    Mein Beitrag zu unserer Challenge und den Ergebnissen: http://selbst-schuld.com/mein-verzicht-auf-zucker-1-monats-challenge-erfahrungsbericht/

    Grüße

    Christian

  5. alles schön und gut – aber was tun wenn man an Fructoseintoleranz leidet (man leidet wirklich) – also kein Obst und nur sehr wenige Gemüsesorten essen kann? Und fast allen Lebensmittel Fructose-Glucosesirup zugesetzt ist? zum Verzweifeln…

    • Alexandra von Knobloch

      Ja, das ist sicher sehr, sehr unangenehm. Wichtig bei einer Fruktoseunverträglichkeit ist eine richtige ärztliche Diagnose, denn es gibt Darmerkrankungen, die ähnliche Beschwerden auslösen. Dazu braucht man einen H2-Atemtest und einen kontrollierten Auslassversuch, sonst verzichtet man womöglich auf das Falsche. Leider gibt es keine Therapie, man kann nur auf zu viel Fruktose verzichten. Die allermeisten Betroffenen vertragen zumindest geringe Mengen Fruktose. Der beste Tipp ist selber aus frischen Lebensmitteln zu kochen, um den Überblick zu wahren. Manchmal hat man auch Glück, und die Unverträglichkeit bessert sich irgendwann wieder. Alles Gute!

    • Hey Barbara!
      Gerade bei einer Fructose-Intoleranz solltest du ganz dringend auf Zucker (also Saccharin=Haushaltszucker) verzichten. Der wird im Körper nämlich zu Glucose und Fructose gespalten. Da ist es besser herauszufinden, welche Obst- und vor allem Gemüsesorten man am ehesten noch verträgt. Zu empfehlen ist Reissirup zum süßen. Der enthält (im Gegensatz zu Honig) keine Fructose und schmeckt auch gut im Müsli, Haferbrei u.ä.
      Viel erfolg beim Testen!

  6. Hi,

    ich finde das Rezept sehr spannend. Vor allem den Aspekt mit dem Einkaufen habe ich interessant gefunden.

    MFG Philipp

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